Bei der Abmischung (Mixing/Mixdown) eines Musiktitels werden die vorliegenden Einzelspuren der Instrumente zu einem adäquaten Endformat summiert, das auf einem Wiedergabemedium angehört werden kann. Für die Wiedergabe von CD oder für's Streaming ist das ein Stereofile, bei Filmmischungen für z.B. DVDs eine 5.1 Surround-Mischung. Ein Stereofile besteht aus zwei Kanälen - links und rechts -, eine 5.1 Mischung aus sechs Kanälen - links, center, rechts, hinten links, hinten rechts und Basskanal. Für die weiteren Veranschaulichungen bleiben wir bei Stereo.
Ein gelungenes Mixing ist Kunst und Handwerk zugleich. Es gibt viele Parameter, die objektiv bzw. technisch „richtig“ umgesetzt werden müssen, z.B. ein sauberer Bassbereich. Doch innerhalb dieses Rahmens hat jeder Mischer seinen individuellen Stil, der auch stark vom Musikgenre abhängig ist. Jazz erfordert eine komplett andere Herangehensweise an das vorliegende Material als Trap. Das beginnt natürlich schon bei der Produktion, nicht erst bei der Abmischung…
Die Herangehensweise an einen Mixdown lässt sich grob in fünf Bereiche gliedern:
Der erste aber mit wichtigste Schritt im Mixing ist eine ausgewogene und somit glaubwürdige Verteilung der Instrumente hinsichtlich ihrer Lautstärke und ihrer Position im Stereopanorama. Wichtige Instrumente werden dabei etwas lauter gemischt. Bei akustischer Musik kann das z.B. die Stimme sein, bei HipHop/Rap sind es die Drums.
Wichtige Instrumente sitzen meistens auch in der Stereomitte. Z.B. Kick und Snare, Bass, die Lead-Vocals, Leadgitarren. Die anderen Instrumente werden dann drumherum positioniert. Dabei ist darauf zu achten, dass sowohl im linken als auch im rechten Kanal die Frequenzen ähnlich ausgefüllt werden. Pannt man eine Gitarre nach links, sollte man eine andere Gitarre oder ein Piano nach rechts pannen. Legt man eine Hihat auf die linke Seite, kann man die hohen Frequenzen auf der rechten Seite durch einen Shaker füllen.
Allein durch die Anpassung der Lautstärke und die Verteilung der Instrumente im Panorama kann man schon einen ziemlich ausgewogenen Mix produzieren.
Zwei weitere wichtige Aspekte einer Mischung sind die Frequenzverteilung und die Dynamik eines Mixes. Als Mixing-Engineer möchte man eine Musikgenre-typische Ausgewogenheit des Frequenzspektrum erreichen. Jedes der drei Frequenzbänder Bässe, Mitten und Höhen sollte durch Instrumente gefüllt sein. Ein klassisches Symphonieorchester hat eine natürliche und angenehme gleichmäßige Verteilung der Instrumente über alle Frequenzen hinweg. Um bei Pop/Rock- und anderen Studioproduktionen Über- oder Unterbetonungen von Frequenzbereichen zu vermeiden, werden die einzelnen Instrumente mit Equalizern bearbeitet. Jedes Instrument bekommt einen eindeutigen Platz im Frequenzspektrum und Stereopanorama zugewiesen. Hier wird schon klar, dass sich die vier Mixing-Bereiche nicht voneinander trennen lassen. Im Mixing ist alles mit allem verbunden.
Damit ein Mix den heutigen Hörgewohnheiten entspricht, werden die Instrumente je nach Musikgenre in Ihrer Dynamik mehr oder weniger stark bearbeitet. Dynamik ist der Abstand zwischen den leisesten und lautesten Tönen eines Instruments. Oder auch der Abstand zwischen den leisesten und lautesten Passagen eines Musiktitels. In der Klassik und im Jazz ist ein großer Dynamikumfang gewollt. In der TOP40-Musik, oder auch im HipHop/Rap so gut wie gar keiner. Deswegen wird dort die Dynamik der Instrumente und Instrumentengruppen mit z.B. Kompressoren oder Limitern sehr stark eingeschränkt. Ganz neu ist der Gedanke allerdings auch wieder nicht: schon zu Zeiten der Beatles hat man überlegt, wie man die Musik möglichst laut und mit möglichst viel Bass auf eine Schallplatte bekommt.
Ein Mix wird erst richtig glaubwürdig, wenn er eine Dreidimensionalität besitzt. In der Natur gibt es keinen „trockenen“ Klang. Wir sind immer umgeben von Räumlichkeit - auch draußen. Bei heutigen Studio-Produktionen werden die einzelnen Instrumente oft nacheinander mit der sogenannten Nahmikrofonierung aufgenommen. Bestes Beispiel hierfür ist die Aufnahme eines Drumsets: Jede Trommel und teilweise sogar die Becken werden einzeln abgenommen - obwohl wir mit unseren zwei Ohren ein Drumset immer nur als Ganzes (im Raum) hören können. Die Kunst des Mischens ist nun, die Einzelsignale des Schlagzeugs so wieder zusammenzuführen und mit Raum-Effekten zu versehen, dass es wieder wie ein homogenes Drumset klingt. Räumlichkeit im Mix erzielt man durch Reverb, Delays und Modulation, wie z.B. Chorus. Räumlichkeit wird allerdings auch schon durch die Lautstärke und den Frequenzgang eines Signals suggeriert: Signale weiter hinten im Mix sind leiser und haben weniger Höhenanteile.
Kreative Effekte sind im Mix wie das Salz in der Suppe. Effekte wie z.B. Distortion, Modulation oder Filtering, angewandt auf einzelne Instrumente, die Stimme oder auch auf ganze Instrumentengruppen können einem Song das gewisse Etwas verleihen oder sogar stilprägend sein. Klassische Beispiele hierfür sind der Autotone-Effekt auf Chers Stimme in "Believe", die gefilterten und stark komprimierten Drums im Intro und in den Strophen im "Song 2" von Blur oder die übertriebene Pumping-Kompression von Daft Punk. Wie stark kreative Effekte eingesetzt werden, hängt vom Genre und natürlich auch von den Vorstellungen und Wünschen des Künstlers ab.
Da ich öfters die Abhängigkeit des Mixings vom Musikgenre erwähne, möchte ich Dir hier noch einen kleinen Einblick in das Mixing unterschiedlicher Genres geben:
Die wichtigsten Elemente einer HipHop/Rap-Mischung sind Kick, Snare und Vocals. Und dann Bass. Dementsprechend laut werden diese vier Elemente auch gemischt, wobei Kick und Snare meistens sogar noch lauter als die Vocals sind. Und überhaupt ist HipHop/Rap sehr laut gemischt, sprich mit wenig Dynamik und viiieeel Kompression und Limiting. Die Herausforderung liegt darin, trotz des hohen Bassanteils die Musik so laut zu mischen. Denn Bass frisst am meisten Headroom (= mögliche Lautstärke). Zu Dr. Dre’s Zeiten wurde HipHop/Rap recht trocken mit nur kleinen, unauffälligen Räumen gemischt. Heutige (T)Rap Mischungen verwenden vor allem auf den Vocals und den Synthies viel Hall und Delays. Der Sound von HipHop/Rap ist geprägt von viel Bass und viel Höhen. Viele (Nachwuchs-)Künstler kaufen sich online fertig produzierte Beats, über die sie dann rappen. Im Mixing geht es dann darum, die Rapvocals in das Stereofile des Beats zu integrieren.
Jazz wird in der Regel ziemlich pur aufgenommen und auch später in der Abmischung wenig bearbeitet. Wichtig ist bei Jazz eine hohe Dynamik und eine realistisch wirkende Räumlichkeit. Jazzmusiker spielen die Stücke in der Regel zusammen ein, also nicht im Overdubbing-Verfahren. Je nach Besetzung gibt es in der Regel ein Leadinstrument, z.B. Saxophon. Trotzdem ist es üblich, dass jedes andere Instrument, z.B. Drums, Piano, Gitarre auch Soloparts improvisiert. Von der Frequenzverteilung her ist Jazz eher mittig, keine schweren Bässe, dafür angenehme, weiche Höhen. Nichtsdestotrotz gibt es vor allem aus der USA moderne Jazzproduktionen, die sehr poppig („radiofreundlich“) produziert sind.
Soul wird ähnlich produziert wie HipHop/Rap. Allerdings mehr melodiös und weniger aggressiv. Oftmals findet man im Soul auch real eingespielte Instrumente, wie z.B. Gitarren, Rhodes oder Streicher. Im Soul ist die Stimme etwas wichtiger als der Beat. In der Mischung erhält sie deswegen sehr viel Platz. Die anderen Instrumente werden um sie herum platziert, sowohl im Stereopanorama als auch im Frequenzspektrum. Aufgrund des minimalistischen, Vocal-zentrierten Arrangements ist in der Soul-Mischung viel Platz für Räumlichkeit, auch wenn sie oft unauffällig ist.
EDM muss vor allem eins: in Clubs funktionieren. Deshalb ist bei EDM-Tracks ein super-cleanes und aufgeräumtes Mixing notwendig. Vor allem im Bassbereich: Das inzwischen weit verbreitete Sidechaining hatte seinen Ursprung im EDM. Sidechainig bedeutet, dass der Bass und ggf. andere Synthesizer jedes Mal im Level reduziert werden, wenn die Kick ertönt. So kommen sich die einzelnen „Instrumente“ nicht in die Quere und man gewinnt Headroom für einen lauten, stark komprimierten und limitierten Mix. Dem Einsatz von Räumlichkeit sind im EDM keine kreative Grenzen gesetzt - unter der Bedingung, dass die Effekte den Sound nicht verwaschen. In diesem Musikgenre werden auch die Effekte stark EQed und komprimiert.
Mit Pop/Rock meine ich vor allem Gitarren-lastige Musik. In diesem Musikgenre ist meistens die Stimme das wichtigste Instrument, das von den Gitarren begleitet wird. Die Drums treiben den Groove, sind allerdings viel leiser gemischt als im HipHop/Rap, so dass sie mit den übrigen Instrumenten harmonisieren. Im Pop/Rock kommen die vielfältigsten Räumlichkeiten innerhalb einer Mischung zum Einsatz, z.B. wird der Verse „kleiner“ gemischt als der Chorus. Die Dynamik der einzelnen Instrumente ist eingeschränkt. Doch üblicherweise wird mit der Dynamik innerhalb eines Titels ein Spannungsbogen erzeugt. Die Strophen sind z.B. etwas leiser als der Chorus, der letztes Chorus ist oft der lauteste Part im Song.
Im Zeitalter des Internets hat sich ein neuer Mixing Service etabliert - das Online Mixing. Anstatt die vorliegenden Aufnahmen auf einem physischen Medium im Studio vorbeizubringen oder per Post zu schicken, bieten heute die meisten Studios die Möglichkeit, die Spuren auch einfach per Upload zu übermitteln. So können Musiker von zu Hause aus das Angebot und die Expertise von Tonstudios auf der ganzen Welt in Anspruch nehmen. Persönliche Absprachen lassen sich per Telefon oder Skype realisieren.
Ich hoffe, ich konnte Dir einen kleinen Einblick in das Thema Mixing geben. Was der Unterschied zwischen Mixing und Mastering ist, kannst Du hier nachlesen. Falls Du auf der Suche nach einem Mixing-Engineer für Deine Tracks bist, melde Dich bei mir!
Mixing » Was ist Mixing?